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Wenn Sie noch keinen Werber gesehen haben, dann besuchen Sie doch einer der vielen Werbeagenturen in Hamburg, Frankfurt oder Düsseldorf.
Dort trifft man die Originale in ihrem natürlichen Lebensraum an. Berlin dagegen liefert den Beweis, dass ihr Auswildern kein einfaches Unterfangen ist – trotz idealer Bedingungen vor Ort. In Stuttgart, München oder Köln sieht es bescheiden aus, aber mit etwas Glück kann man ihre Verhaltensweisen auch dort studieren. In Kleinstädten und auf dem Land tendiert ihre Population gegen null.
Der Grund dafür ist einfach: je größer die Stadt, desto vielseitiger das Nahrungsangebot nach Mitternacht. Und Werber brauchen das. Denn die kulinarische Katastrophe wiederholt sich Tag für Tag und Nacht für Nacht. Kaffee und Kippen für den guten Start am Morgen. Mittagspause? Sobald Zeit ist. Abends vor Ladenschluss Pause machen, einkaufen und nachts zu Hause essen oder auf dem Weg zur letzten Bahn noch einen Döner auf die Hand.
Zum Vergleich: Der freiberufliche Web- und Grafikdesigner hingegen arbeitet so konzentriert, schnell und effizient, dass er jeden Abend für sich und seine Familie ein schmackhaftes 4-Gänge-Menü zaubern kann.
Werber bitte zum Diktat!
Die Mitarbeiter einer großen Werbeagentur: Immer hip, trendy und oft voll mit bewusstseinserweiternden Kräutern oder Chemikalien (… habe ich gehört).
Wann ist der geeignete Zeitpunkt? Was die zentrale Botschaft, wem gegenüber? Wie berechtigt ist die Kritik – und wie scharf darf sie formuliert werden? Die Antworten fallen unterschiedlich aus, sie hängen von der Persönlichkeit des Einzelnen, der gegebenen Situation ab. Der Knackpunkt aber ist das Verhältnis zwischen Agentur und Kunde. Werbeagenturen müssen binnen kürzester Zeit großartige kreative Ergebnisse liefern, oft bleiben nur ein oder zwei Wochen bis zur ersten Präsentation, selbst bei Neukunden. Offenbar reicht diese Spanne aber aus, die Rahmenbedingungen zu verändern: Das Budget wird mal eben halbiert, der Projektstart auf das nächste Jahr verschoben, und die Abteilung des Kunden kurzerhand umstrukturiert. Grund zur Kritik? Nicht für die Werbeagenturen.
Denn Kritik ist ein hässliches Wort, das kein Kunde hören mag. Sicher, eine andere Meinung kann – in Watte verpackt – vertreten werden. Aber nur einmal. Schließlich kosten Diskussionen Zeit und damit Geld. Zügig tritt dann der Zeitpunkt ein, an dem auch Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg gegangen wird. Man verkommt zum Handlanger, der schlicht das macht, was der Kunde erwartet, was ihm gefällt.
Der wiederum kennt keine Scheu, deutlich zu äußern, was ihm nicht passt. Allzu häufig vergisst der Kunde bei seiner Kritik ein wichtiges Detail: Er hat keine Ahnung von Werbung. Er weiß, was ihm nicht zusagt und was er besser machen würde – meist aber aus bloßer Unkenntnis kreativer Grundsätze. Doch mit bemerkenswerter Genauigkeit trifft der Ahnungslose nicht selten das Fundament der Arbeit.
Die ersten Male zögert die Agentur das Sterben der Idee hinaus, indem mit dem Kunden um einen Kompromiss gerungen wird. Doch Kritik, ob schmeichelnd oder eindringlich vorgetragen, wird in vielen Fällen nur ungern gehört. Schnell lernt man, mit dem Ideentod zu leben: Änderungen werden schweigend umgesetzt. Der Frust wächst …
Der Kunde liebt sein Produkt und kennt dessen Vorteile en Detail. Sein Wissen möchte er unbedingt mit allen Endverbrauchern teilen. Dass bestenfalls drei Sekunden bleiben, eine Botschaft im Gehirn der Konsumenten zu platzieren, kann und will der Kunde nicht einsehen. Schließlich macht er Werbung für sein Produkt – und nicht für die Zielgruppe.
Die Agentur präsentiert die Idee der Marketingabteilung des Kunden. Diese ist angetan, will aber darüber mit der Fachabteilung sprechen, weil diese das Produkt wie aus dem Effeff kennt. Nachdem das Konzept das erste Mal auf den Kopf gestellt wurde, bricht die Rechtsabteilung der Idee endgültig das Rückgrat.
Seit der Kostendruck auf Werbeagenturen immens verstärkt wurde, werden auch Schlüsselpositionen immer häufiger mit „jungen Talenten“ besetzt. Anders ausgedrückt: Preiswerte Idealisten versuchen mangelnde Erfahrung durch unermüdlichen Einsatz wettzumachen. Nach einem Jahr sind sie ausgebrannt und werden ersetzt. Eine fatale Entwicklung – für den Kunden, die Agentur und die ganze Branche.
Heutzutage bracht man schon ein geübtes Auge, um verschiedene Wettbewerb am Markt zu differenzieren. Beispiel Banken: Die Botschaften sind nahezu identisch, der Auftritt praktisch austauschbar. Der Grund dafür ist einfach: Den Verantwortlichen mangelt es an Mut. Denn wer sich für die bewährte Lösung entscheidet, dem kann der Vorgesetzte später nichts vorwerfen. Dass davon niemand profitiert, spielt keine Rolle. Hauptsache richtig.
„Früher“, das war vor einigen Jahren eine ganze Zeit her. Heute ist früher, gestern, bestenfalls vorgestern. Die Zeiten ändern sich zu rasch, zum Leidwesen der Marke. Der Erfolg einer Werbekampagne muss sich über Nacht einstellen, sonst ist sie gescheitert. Langfristiger Markenaufbau wird in Zeiten des dreimonatigen Rapports durch blinden Aktionismus abgelöst. Ein Jammer…
Eigentlich fehlt nur noch der öffentliche Anschlag: „Heute kommt die Agentur, sorgt mit bunten Pappen für gute Unterhaltung. Ab 15 Uhr im großen Konfi, der Eintritt ist frei.“ In der Tat wird die Leistung von Werbeagenturen manchmal eher belächelt als ernst genommen. Tritt dieser Fall ein, hilft nur noch eines: Das Agenturhonorar erhöhen – dann vergeht der anderen Seite schnell das Lachen.
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